Alarm in Triest – oder: irgendwas ist ja immer

Eigentlich hatte es überhaupt nicht zu meinem Tag gepasst. Ganz und gar nicht. Denn der war ziemlich gut gewesen, insgesamt. Airdolomiti hatte mich wohlbehalten von München nach Triest gebracht und die kurze Reise war wie im sprichwörtlichen Fluge vergangen. Jede Menge Zeit also, um mit der Familie in der wundervollen K und K Stadt Zeit zu verbringen, zu trinken, zu essen, zu ratschen, was man halt so macht, wenn man sich wiedersieht. Genau so kam es dann auch, allerdings mit einer kleinen Einschränkung. Auf dem linken Ohr war ich nämlich taub.

GANZ NORMALES MALHEUR IM FLIEGER

Kurz vor der Landung war es passiert. Ein Malheur der Extraklasse. Ich hatte mir für meine alten Shure In-Ear-Kopfhörer tags zuvor neue Aufsätze gekauft. Der Sound entsprechend satt, der Sitz perfekt. Offenbar eine Spur zu perfekt. Links saß das ganze so perfekt, dass sich beim Herausnehmen der Ohrhörers das Gummiteil nicht mehr am Plastikschaft befand, sondern stur im Ohr verblieb. Ein Herumpfriemeln mit den Fingerkuppen am etwas dickeren Gummiring: erfolglos. Das Ding steckte fest. Erster kleiner Alarm.

Es gelang mir noch ein paar Mal, den Schaft wieder in die Gummieinfassung zu schieben, aber jeder  Versuch, anschließend Ohrhörer samt Gummiteil herauszuziehen, scheiterten kläglich. Was also tun? Passagiere wollte ich nicht fragen, wer lässt schon gerne Fremde am eigenen Ohr herumfummeln? Erster Lichtblick, mein Onkel. „Du bist ein Depp, wie hast Du das denn bloß wieder hinbekommen“, lachte er und sein dicker Bauch wippte gleich den ganzen Körper mit. Leider hat mein Onkel noch dickere Finger als ich und mit dem alten Stift aus dem Handschuhfach hat es auch nicht funktioniert. Das Gummiteil blieb im Ohr.

TRINKEN? ESSEN? IN TRIEST KEIN PROBLEM

Was gut funktionierte, war jedoch das gemeinsame Zeit verbringen inklusive ausgiebigster Weinverkostung und Essen. Triest ist nämlich ein wunderbarer Ort, um genau das zu tun. Von Bar zu Bar zu marschieren, überall ein Gläschen Wein zu kippen und bei jeder zweiten auch eine Kleinigkeit zu essen. Als Ungeübter – und ich war ziemlich ungeübt, wenn auch nicht ungeschickt – ist man irgendwann, sagen wir, sehr lustig. Dann braucht man ein Restaurant mit etwas Handfesterem, aber auch das findet man in Triest zuhauf. Leider haben weder triestinische Weinbars noch Restaurants standardmäßig Pinzetten im Angebot. Müssen sie auch nicht. Nicht immer schlägt ein Deutscher Alarm, weil er sein linkes Ohr gummiverpfropft ist. Was heißt auch Alarm, ich hatte mich längst damit abgefunden, meinen Kopf so zum Gesprächspartner zu drehen, dass ich doch irgendwie alles verstehen konnte. Den Rest hat ohnehin der Rotwein erledigt, das Gummiteil war bald Randnotiz, auch wenn es immer noch seelenruhig in mir festhing.

NACHTPORTIER DEIN FREUND UND HELFER

Paolo musste man hingegen nicht viel erklären. Der Nachtportier guckte nur kurz ins Ohr und holte eine sterile, ja richtig gelesen, eine sterile Pinzette (und das in Italien!) aus dem Schrank und schwupp, war das Gummiteil mit einem Rutsch heraus aus dem Ohr. Gelacht hat er nicht, nicht mal eine Mine verzogen. Bei Nachtportiers in Triest stehen wohl ganz andere Fälle auf der Tagesordnung. Ist auch gut so. Ab aufs Zimmer. Im Bad durfte ich dann endlich entdecken, was ich seit meiner Ankunft die ganze Zeit schon hätte gebrauchen können: einfach mal Alarm schlagen. Oder besser, ziehen. Ich konnte nicht umhin, es auszuprobieren. Doch auch nach dem sechsten Mal Ziehen, regte sich nichts. Und das, so viel sei verraten, lag nicht mehr am beeinträchtigten Gehörgang. Die anschließende Nacht wurde ähnlich ruhig. Das lag aber weniger an der Viale Miramare, sondern vielleicht auch am Rotwein.

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2 Kommentare

  1. Ohrstöpsel verschluckt?! Du machst Sachen 🙂 und haste die Dinger immer noch oder jetzt mit Bügel?!?

  2. Nein, die Shure habe ich nicht mehr, ich hab jetzt maßangefertige In-Ears. Kein Gummigedöns mehr und die drücken auch nicht, wenn man damit, etwa im Flieger, schläft.