Es ist unwirklich. Du fährst durch Sri Lanka, eine wilde, ursprüngliche, paradiesische Küste zieht hier im Süden der Insel wie ein Film an deiner Autoscheibe vorbei und was macht Fernando?! Der drückt aufs Gaspedal. Und, noch viel schlimmer, biegt einfach ab. Weg von den Palmen, der Meeresbrise, die in den Augenblicken, wo man das klimatisierte Auto verlässt, einen nicht direkt den Hitzetod sterben lässt, weg vom sanft gelben Sandstrand, an den man sich doch jetzt eigentlich mit einem Cocktail versteckt in der Kokosnuss gemütlich hinlegen wollte. Aus der Traum. Rechts abbiegen, hinein in das noch grünere Hinterland, wo wohl irgendwo Elefanten wohnen. Immerhin belgeitet uns die Sonne stur weiter. Ein kleiner Trost.

IM GRÜNEN HINTERLAND

Fahrer Fernando hat aber etwas ganz anderes vor. Er möchte einfach einen kleinen Einblick in das wahre Leben der Bewohner geben. Nicht ganz uneigennützig, wie sich herausstellt. Denn wir fahren und fahren und fahren. Durch Kuhdörfer, die genau diesen Namen verdient haben, irgendwo nördlich von Galle, jener Stadt mit dem berühmten Fort. „Ihr habt sicherlich Hunger und Durst?“, fragt Fernando mehr rhetorisch denn aus Interesse. Klar, natürlich. Essen und Trinken kann man fast zu jeder Tages- und Nachtzeit, aber wir wollen nicht aufdringlich sein und überhaupt, ein Kaffee würde schon reichen. Natürlich. Gern.

AMOURÖSER TOURISTENFÜHRER

Fernando aber gibt uns gleich einen richtigen Einblick ins Alltagsleben. Fernando, verheiratet, drei (oder vier) Kinder, lebt in der Hauptstadt Colombo und verdingt sich als Touristenführer. Er ist unser Fahrer, der jetzt hier im Nirgendwo rumkurvt, um uns ein paar Menschen vorzustellen. Vielleicht muss er auch nur aufs Klo, dachte ich noch kurz vorher. Viel lieber aber möchte er eine Frau sehen. Seine Affäre, wie sich kurz später herausstellt. Blöd nur, dass zum Zeitpunkt unserer Ankunft auch noch zwei andere Männer da sind. Einmal ihr Bruder und, vielleicht noch ein wenig lästiger, ihr Ehemann. Ganz so liberal ist die srilankische Gesellschaft dann doch noch nicht, dass man jetzt hier direkt zu Werke gehen könnte.

Entsprechend gedrückt ist die Stimmung. Zumindest bei Fernando und seiner Angebeteten, die Kekse und Kaffee serviert. Das wirklich Verwunderliche in dem verworrenen Spiel ist aber, dass der Ehemann mit Brille, Schnauzbart und mächtigem Elefanten-Ring, derart gute Laune hat, dass er die Situation irgendwie rettet. Unfreiwillig, versteht sich. Aber die Gäste, also wir, lachen über seine Witze. Er sprudelt nur so vor Anekdoten und erzählt ohne Unterlass, fuchtelt dabei aber stets mit der linken Hand. Wohl um dem goldenen Elefanten am Zeigefinger ein wenig Luft zuzufächern.

AFFÄRE BLEIBT AFFÄRE. ÜBERALL.

Unsere Gedanken sind derweil geteilt. Nach ein paar Minuten kann man dem Herrn des Elefantenrings jedoch nicht mehr aufmerksam zuhören, dafür bellt im Hintergrund der Hund im Zwinger. Vorne werden wir gefragt, ob es noch Kaffee sein darf. Oder vielleicht Bananen. Wir bleiben etwa eine halbe Stunde, dann dürfen wir schnell aufs Klo und zusammen mit Fernando wieder ins Auto steigen. Der ist nur kurz niedergeschlagen. „Er fährt heute Abend nach Colombo“, berichtet er ungefragt, und kann sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Wir wissen auch so Bescheid. Er wird die gleiche Strecke wohl heute noch einmal auf sich nehmen. Und inständig hoffen, dass bei seiner nächsten Ankunft idealerweise gleich zwei Männer weniger im srilankischen Nirgendwo zugegen sein werden, mindestens aber der mit dem Elefanten-Ring. Affäre ist schließlich Affäre. Und die sollte tunlichst auch hier unentdeckt bleiben.

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